Sei doch mal nicht so empfindlich, du Mimose!
Allmählich erreicht die Erkenntnis, dass auch im Bezug der Sinneswahrnehmung nicht alle Menschen gleich sind, auch die seriöse Wissenschaft.

Endlich mal ein Mediziner (und Psychotherapeut), der Hochsensibilität nicht leugnet, sondern es als trivial bezeichnet, dass Menschen von Natur aus unterschiedlich ausgeprägte Sinnesleitungen haben: Dr. Johann Lerner stellt aber auch klar, dass es kein klar strukturiertes Konzept und auch keine wissenschaftlich verbindende Definition von Hochsensibilität gibt. Reden wir von der intensiveren Wahrnehmung in einem einzigen Sinnesbereich, wie z.B. von Gerüchen oder Geräuschen, oder tritt diese Wahrnehmung zwangsläufig in allen Bereichen auf? Geht es auch um das Spüren-Können der Emotionen anderer Menschen?
Gemeinsam ist den meisten Betroffenen der Leidensdruck, der durch das Zuviel – egal auf welchen Ebenen – entsteht. Gerade in der heutigen Gesellschaft, die uns ständig mit unzähligen Reizen überflutet, fühlen sich manche Hochsensible schnell übermüdet und gereizt.
Erkennen – akzeptieren – seine Bedürfnisse ernstnehmen
„Es ist wichtig für die Menschen, dass sie sich einordnen können“ - die Erkenntnis, dass es auch andere Menschen gibt, die genau so fühlen und wahrnehmen wie man selbst ist oft der erste Schritt zu Verbesserung der persönlichen Lebenssituation.
Dass man nicht allein „auf weiter Flur ist“, ist beruhigend, ebenso die Sicherheit, dass man nicht psychisch krank ist. Daraus kann ein neues Selbstverständnis entstehen – man erkennt, dass Hochsensibilität keine Schwäche, kein charakterlicher Fehler ist sondern ganz schlicht und einfach eine andere Ausprägung der Sinnesorgane ist. Und dass man diese Art der Wahrnehmung nicht willentlich steuern und „abschalten“ kann und es daher schlicht unmöglich ist, „einfach weniger empfindlich sein“.
Wichtig wäre dieses Verständnis vor allem bei Menschen, die mit Kindern zu tun haben: Denn Kinder haben - in der Schule, aber auch in der Familie – weniger Möglichkeiten, ihre Umwelt zu gestalten und zu verändern. Bekommen sie dann immer wieder zu hören, „dass sie sich nicht so anstellen sollen und dass das alles nicht sei schlimm ist und sie mit dem Theater endlich aufhören sollen“, kommen sie zu dem Schluss, dass etwas an ihnen falsch ist.
Sowohl als Kind als auch im späteren Leben kann man sich aber mit dieser intensiven Wahrnehmung „arrangieren“´, man kann lernen mit dieser Eigenart so umzugehen, dass sie eine Bereicherung wird anstatt das Leben einzuschränken.
Nachzuhören noch bis 23.10.2018 auf: https://oe1.orf.at/player/20181016/530043
Zum Weiterlesen: Diplompädagogin Karin Abriel: http://www.hochsensibilitaet.at/
Dr. Johann Lehrner: https://www.psychnet.at/lehrner



