SOS Kinderseele (Michael Winterhoff)

Das Buch SOS Kinderseele von Michael Winterhoff liegt schon lange auf meinen Nachtkasterl. Der Titel hat mich angesprochen... Ich habe schon öfter drin gelesen, aber so wirklich anfreunden konnte ich mich nie damit, weil es sehr einseitig und plakativ geschrieben ist: Alles, was die Autonomie und Eigenständigkeit von Kindern betont, scheint grundsätzlich schon verdächtig zu sein – und das geht mir gegen den Strich.

Der Inhalt ist schnell wiedergegeben, außerdem scheint alles ganz klar und einfach zu sein: Es gibt immer mehr auffällige Kinder und da muss man was dagegen tun. Soweit bin ich seiner Meinung.


Zwei seiner eigenen Formulierungen scheinen Winterhoff besonders gut zu gefallen: „Die auffälligen Kinder können nicht zwischen Gegenstand und Mensch unterscheiden“ - das soll heißen: Den Kindern ist nicht klar, dass sie die Menschen in ihrer Umgebung nicht „steuern“ können. Daher lassen sich diese Kinder – so Winterhoff – von den Erwachsenen auch nicht steuern. Zum Beispiel versuchen diese auffälligen Kinder ihre Lehrer zu einer Reaktion zu bewegen, bevor sie eventuell der Aufforderung nachkommen, indem sie z.B. nachfragen: „ich auch?“ oder „welches Buch“.

Wieso die Kinder diese Unterscheidung nicht lernen, ist für Winterhoff ganz klar: Eltern und Großeltern sind in der Symbiose mit dem Kind. Und hier kommt die zweite Formulierung, die immer wieder vorkommt: „Eltern nehmen das Kind wie einen ihrer Körperteile wahr“. Trotz ständiger Wiederholung habe ich bis zum Schluss nicht verstanden, was damit genau gemeint ist.

Und warum Eltern und Großeltern diese ungesunde symbiotische Beziehung zum Kind eingehen? Daran ist die moderne Gesellschaft schuld: „Erwachsene sind im Katastrophenmodus. d.h. Sie leben nur noch im Augenblick und sind kopfgesteuert, haben die Intuition für das Kind verloren.“ Was genau an der modernen Gesellschaft so schlimm ist, wird nicht klar...

Abhilfe schaffen sollen KindergartenpädagogInnen und LehrerInnen: Sie sollen eine gesunde Beziehung zu den Kindern aufbauen – für Winterhoff bedeutet das: klare Strukturen, wiederkehrende Abläufe, überschaubare Gruppen, liebevolle Anleitung und Begleitung, viel Wiederholung.

Wie das konkret in Gruppen mit bis zu 25 Kinder funktionieren soll? Dazu schweigt das Buch. Auch die anderen „Lösungsvorschläge“ wirken ein bisschen mickrig.

Rein inhaltlich gesehen hatte ich persönlich am Ende des Buchs den nicht Eindruck, jetzt „gescheiter“ zu sein oder mehr zu wissen als vorher.
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