Hochsensible Kinder

  • von Regina Fenk
  • 28 Jan., 2020

Letzte Woche durfte ich vor einer netten kleinen Runde in der Babycouch Wr. Neustadt über "Hochsensible Kinder" sprechen. Das Wichtigste habe ich hier zum Nachlesen zusammengefasst.

Die Sinne hochsensibler Menschen - fein, zart und empfindlich wie eine Frühlngsknospe...

Was ist Hochsensibilität und wie wirkt sie sich im Alltag aus?

Hochsensibilität bedeutet, dass die sensorischen Nerven (also die Nerven, die Reize aus der Umwelt aufnehmen) schneller reagieren: Das heißt, ein kleiner Reiz löst bereits eine Reaktion bei der hochsensiblen Person aus während jemand anders gar nichts wahrnimmt.

Logischerweise ergibt sich daraus die Gefahr der „Überreizung“(Überstimulation), weil diese vielen, intensiv wahrgenommenen Reize nur schlecht und ab einem gewissen Punkt gar nicht mehr verarbeitet werden können.

Je nach Temperament reagiert das hochsensible Kind unterschiedlich:

·        Entweder mit Rückzug z.B. „in den Tag träumen“ oder sozialem Rückzug

·        Oder mit „Überreaktion“, d.h. das Kind wird kribbelig, aufgedreht, zappelig, laut…

In beiden Fällen ist das Kind von außen nur mehr schwer erreichbar und man muss sich dem Kind bewusst zuwenden, wenn man es erreichen will. Oder es sachte auf die Schulter klopfen, oder beim tobenden Kind abwarten, bis das Ärgste vorbei ist…

Beides – Rückzug oder „Ausagieren“ -  ist natürlich in Kindergarten und Schule nicht optimal, weil es nicht dem „sozial erwarteten Verhalten“ entspricht und das Kind leicht als „auffällig“ abgestempelt wird.

(Es gibt ein sehr eindrückliches You Tube Video zu sensory overload also Sensorischer Überreizung: https://www.youtube.com/watch?v=K2P4Ed6G3gw)

 

Was können Eltern tun, um ihr hochsensibles Kind zu unterstützen?

Je kleiner das Kind ist, desto weniger kann es ausdrücken, was das aktuelle Problem ist. Ein größeres Kind kann z.B. schon sagen „es ist so laut hier“, ein Baby aber nicht.

Oder: Viele hochsensible Menschen reagieren auf Kleidung – irgendetwas kratzt, ist zu eng, ist unangenehm – das sind dann die Kinder, wo man aus jedem T-Shirt das Etikett rausschneiden muss. Ein Baby kann hier nur weinen oder schreien, während ein älteres Kind schon sagen kann „die Strumpfhose kratzt“.

Hier ist es ganz wichtig für die weitere Entwicklung des Kindes, wie die Eltern auf solche Situationen reagieren:

·        Die Eltern können dem Kind klar machen, dass das gar nicht sein kann, dass es einfach unmöglich ist, dass diese Strumpfhose kratzt à das stürzt das Kind in tiefe Verwirrung, denn das, was die Eltern sagen, passt nicht zu dem, was es mit seinem Körper wahrnimmt. à Das Kind verliert das Vertrauen zu seinem Körper, weil es seinen Eltern glaubt.

·        Ähnliches passiert, wenn die Eltern versuchen, das Kind „abzuhärten“ um es auf die „Welt da draußen“ vorzubereiten. Diese Eltern erklären dann dem Kind, dass es nicht so zickig sein soll und dass es die Strumpfhose anlassen muss. à Auch hier spürt das Kind die Kluft zwischen seiner eigenen Wahrnehmung und dem, was seine Eltern sagen – und wird zu dem Schluss kommen, dass mit ihm „irgendetwas nicht in Ordnung ist“.

·        Die beste Reaktion der Eltern wäre, die Wahrnehmung des Kindes anzuerkennen: „Okay, du meinst, dass die Strumpfhose kratzt – dann zieh bitte eine andere an.“ Und das kann man in gewisser Weise schon beim Baby machen, indem man es von Reizen „befreit“ bzw. fernhält (z.B. indem man den Body wechselt, wenn das Baby sich nicht beruhigt oder indem man es von Hintergrundmusik befreit). Oder indem man feste Rituale einhält, die dem Kind Sicherheit und Geborgenheit geben (wenn es den Ablauf kennt, braucht es nicht angespannt warten, was denn heute für Reize auf es einströmen könnten).

 

Wichtig ist jedoch, dass Eltern nicht in das Extrem der „Überbehütung“ kippen d.h. dass sie nicht beginnen, ihre hochsensiblen Kinder vorausblickend vor allen Reizen abzuschirmen und zu behüten. Denn damit wird dem Kind die Möglichkeit genommen, selbst herausfinden, was es „aushalten“ kann und wovor es sich besser schützen sollte bzw. was es besser vermeiden sollte. Und dieser Lernprozess funktioniert eben nur, wenn das Kind in Kontakt mit den Reizen kommt, aber immer den Rückhalt der Eltern hat und auch Möglichkeiten, sich vor zu intensiven Reizen zurückzuziehen. (Mit wenig Reizen beginnen, das Kind beobachten und dann steigern…)

Kann man bei einem Baby schon feststellen, dass es hochsensibel ist? Nein, aber man kann durch Beobachtung eine gewisse Tendenz erkennen, wenn das Kind schneller „gestresst“ wirkt. (Und man sollte sich nicht verleiten lassen, an seinem Kind eigene hochsensible Wesenszüge „von Anfang an“ sicher zu erkennen…).

 

Der "sechste" Sinn ;-)

Neben der reinen sensorischen Wahrnehmung also

·        Visuellen Reize/ Licht

·        Geräusche/ Lärm/ Musik

·        Gerüche

·        Geschmack und

·        Haut

haben viele hochsensible Menschen auch eine überdurchschnittliche Wahrnehmung für Stimmungen und Gefühle anderer Menschen – z.T. können sie Stimmungen und Gefühle instinktiv wahrnehmen und merken sofort, ob ihnen jemand freundlich gesinnt ist oder nicht, oder ob in einem Raum „dicke Luft“ herrscht.

Das sind Kinder, denen schnell etwas peinlich ist und die sich oft für andere schämen, bzw. denen es peinlich ist, wenn andere Menschen etwas Unpassendes tun.

Die Gefühle nehmen sie natürlich bei ihren Eltern besonders gut und intensiv wahr à Gefahr des „Aufschaukelns“. Das hochsensible Kind ist unruhig, das hochsensible Baby weint und die Mutter, die vielleicht auch hochsensibel ist, beginnt instinktiv, mit dem Kind mitzuleiden und hält das Weinen des Babys ganz schlecht aus. Sie wird nervös und fahrig, und das überträgt sich dann wieder auf das Kind… das sich dann noch schlechter beruhigen lässt.

Hier hilft es, sich ganz bewusst zu sagen, dass es einfach zur Entwicklung des Kindes dazu gehört, dass es manchmal weint und dass man es nicht verhindern kann und auch nicht verhindern muss. Manchmal ist es eben so, dass wir als Mütter alles getan haben, was uns einfällt – und das Baby weint noch immer. Dann können wir nicht mehr tun als es in dem Arm nehmen und festhalten – und warten, dass es wieder aufhört.

Ähnlich ist das mit Trotzanfällen und überreizten Kindern – die brüllen dann vielleicht auch wie wild und schlagen um sich… Auch da kann man meist nichts anderes tun, als darauf achten, dass sie sich nicht verletzen… und sie nachher in den Arm nehmen und trösten.

 

Hochsensible Babies und Kinder spüren auch sehr gut, wie es ihren Müttern (und Vätern) geht – daher gilt hier (wie bei allen Kindern, doch noch eindeutiger): Mütter haben ein Recht, ja sogar die Pflicht, darauf zu schauen, dass es ihnen gut geht 😉.

 

PS. Einen anerkannten Test für Hochsensibilität gibt es nicht, aber eine Checkliste für Kinder und Erwachsene:

https://www.hsp-institut.de

Mein Buchtipp zum Thema: Sellin, Rolf: Mein Kind ist hochsensibel – was tun?

von Regina Fenk 26 März, 2020
Tipps für Eltern, um sich mit ihrem Kind (bis 4 Jahre) zu beschäftigen
von Regina Fenk 18 März, 2020
Meine persönlichen Favoriten:

  • Bewegung - am besten draußen. Spazieren gehen kann man ja alleine und wenn man wen trifft:  Abstand halten und freundlich lächeln.
  • Vereinbaren Sie Zeiten, wo sich jeder alleine beschäftigt - dann kann man die gemeinsame Zeit wieder schätzen ;-).

Und für alle mit Kindern/ Jugendlichen:
  • Verzichten Sie gerade jetzt auf große Erziehungsmaßnahmen. Sehe ich auch so, dann lebt es sich entspannter - und man sollte auch bedenken, dass die aktuelle Situation auch für Kinder und Jugendliche belastend ist.

Alle weiteren Tips sind hier nachzulesen: COVID-19: Wie Sie häusliche Isolation und Quarantäne gut überstehen
von Regina Fenk 11 März, 2019
Die Geschichte eines Wunderkinds, das tatsächlich gelebt hat.
von Regina Fenk 26 Feb., 2019
Kleine Geschichten über hochbegabte und/oder hochsensible Menschen
von Regina Fenk 18 Feb., 2019

1.      NEIN. War klar, dass als allererster Punkt das vermeintliche Desinteresse für soziale Beziehungen kommen muss. Seit der Big Bang Theory ist ja allen klar, dass Hochbegabte einfach nicht zu normalen Beziehungen in der Lage sind. Was aber allen ernstzunehmenden wissenschaftlichen Erkenntnissen widerspricht. Und, so lesen wird, hier, haben Hochbegabte auch kein Interesse an sozialen Beziehungen. Möglicherweise haben sie aber nur kein Interesse am Büroklatsch, dem täglichen Smalltalk übers Wetter und an den Büro-Intrigen 😉.

2.      JA. Es kann im Alltag einfach mühsam sein, immer auf die Langsameren warten zu müssen. Wer Laufen geht, sucht sich ja auch gleichschnelle Trainingspartner.

3.      NEIN. Ich glaube nicht, dass sich hochbegabte Menschen nur über ihre Intelligenz definieren, auch wenn sie ein Bestandteil ihres Selbstbildes ist. Und ich glaube auch, dass die meisten hochbegabten Menschen den Austausch mit anderen intelligenten Menschen schätzen. IM Allgemeinen wissen sie auch, was sie alles nicht wissen.

4.      JA. Hochbegabte Menschen langweilen sich schnell bei Routineaufgaben und können Langeweile i.a. nichts Positives abgewinnen. Ist ungefähr so befriedigend wie bei der roten Ampel zu stehen. Oder im Stau zu stecken.

5.      JA. Hochbegabte Menschen betrachten ein Problem zumeist von allen Seiten – was es ihnen nicht unbedingt leichter macht, eine Entscheidung zu treffen.


Wahrscheinlich würden sich viele Hochbegabte an ihrem Arbeitsplatz wohler fühlen, wenn ihre KollegInnen und Chefs sich mehr auf ihre Persönlichkeit einstellen würden anstatt von ihnen zu erwarten, so zu sein wie alle anderen. Das fällt Hochbegabten nämlich oft schwer ;-). 


Wer es nachlesen will:

Auf deutsch: https://www.impulse.de/management/selbstmanagement-erfolg/beruflicher-stillstand/7316834.html?fbclid=IwAR05VKLV45CMm0jJcXU-PdJh_Ev3EHfPZT4Dy9hpKSznT01POw0wPgXIgNw

Im englischen Original: https://hbr.org/2018/11/5-ways-smart-people-sabotage-their-success

 

von Regina Fenk 07 Feb., 2019

Schon bei ihrem Ausspruch „ich möchte die Menschen mit Ordnung glücklich machen“ haben sich bei mir alle Haare aufgestellt. (Ganz zu schweigen von dem Augenblick, wo sie niederkniet, um sich bei dem Haus zu bedanken. Auch die Idee mich bei meiner Kleidung zu bedanken, finde ich eher befremdlich). Warum muss man denn immer Ordnung und Glück gleichsetzen? Man kann auch in einem perfekt aufgeräumten Haus unglücklich sein und in einem unordentlicher Wohnung glücklich. Ganz abgesehen davon, dass jeder Mensch seine eigenen Maßstäbe hinsichtlich seiner persönlichen Ordnung hat – wieso soll man sich hier nach fremden Maßstäben richten?

Das Aufräumen an sich finde ich jetzt nicht sonderlich originell – ob man nun nach Räumen oder Kategorien vorgeht, macht in meinen Augen keinen Unterschied...


Die Menschen in der Serie sagen am Ende tatsächlich, dass sie viel glücklicher sind und dass ihre Beziehung viel besser ist als vor dem Aufräumen. Das glaube ich ihnen gerne und es ist auch nicht weiter verwunderlich, haben sie doch gerade gemeinsam ein sehr großes Projekt geschafft. Um dieses Projekt erfolgreich abzuschließen, mussten sie miteinander sprechen, sich aufeinander abstimmen, Kompromisse machen, sie mussten Durchhaltevermögen haben, sich anhand ihrer Besitztümer sich ihrer Vergangenheit stellen. Sie konnten Überflüssiges loslassen und sich an dem freuen, was sie aufheben wollen. Nicht zuletzt hat ein aufgeräumtes Haus eine angenehme und positive Atmosphäre.

Aber nichts davon ist ursächlich auf die Kondo-Methode zurückzuführen... Jede andere Methode und jeder altbekannte Aufräumtrick hätte den gleichen Effekt gehabt – es geht nur um die Motivation, das Projekt gemeinsam und bis zum Ende durchzuhalten. Ich kann Ihnen versprechen, egal nach welcher Methode Sie aufräumen, Sie werden glücklich sein, wenn Sie fertig damit sind! Und dafür gibt es wohl billigere Methoden als Frau Kondo ;-).

PS: Mich würde auch sehr interessieren, wie es in den Häusern nach 1 oder 2 Jahre aussieht – ob die Menschen wirklich ordentlicher geworden sind...

von Regina Fenk 22 Jan., 2019

Das (einzige?) Symptom ist leicht erklärt: Die Unfähigkeit, notwendige Dinge zeitgerecht zu erledigen, also z.B. Pakete zurückschicken; das Vermeiden von Telefonaten z.b. Schwierigkeiten, telefonisch einen notwendigen Termin zu vereinbaren.


Ob es sich bei diesen Verhaltensweisen tatsächlich um eine neue psychische Krankheit handelt und wie viele Millenials davon betroffen sind, kann ich nicht beurteilen, ich weiß aber:

  1. Man braucht kein Millenial sein, um diese „Symptome“ zu kennen, das kann ich aus eigener Erfahrung sagen. Die Post nicht aus dem Postkasterl nehmen oder Briefe nicht öffnen zum Beispiel. (Aufgrund meiner Lebenserfahrung komme ich zum Schluss, dass sich Menschen anscheinend in der Art und Weise unterscheiden, wie sie mit den Aufgaben und Pflichten des Alltags umgehen.) So lange das Aufschieben im Rahmen bleibt und der Tag oder die Stunde kommt, wo man dann alles Liegengebliebene erledigt, sehe ich das Problem aber nicht.

  2. Vielleicht sind manche der Millenials einfach „verwöhnte, unselbstständige Kinder“ und haben nie gelernt, die volle Verantwortung für ihr Leben zu übernehmen. (Nein, man muss nicht in der Schule lernen, wie man eine Steuererklärung auszufüllen hat – man kann sich das auch später eigenständig aneignen. Man muss auch nicht alles vorgesagt bekommen, was man zu tun hat. Man darf und muss selber denken.

  3. Möglicherweise sind wir Menschen nicht dazu geschaffen, 24 Stunden am Tag mit der ganzen Welt vernetzt zu sein und möglicherweise tut es uns nicht gut, ständig mit einer unbewältigbaren Menge von „Informationen“ überschüttet zu werden, die auch noch angeklickt, gesehen, beurteilt und geliked werden wollen. Vielleicht verlieren wird dadurch „die Bodenhaftung“, also die Verbindung zu den Banalitäten des Alltags.

  4. Und möglicherweise tut es uns auch nicht gut, wenn ein Großteil unseres Alltags über Internet, Emails und Apps „läuft“ - da verlernt man dann vielleicht die direkte Kommunikation mit lebenden Menschen ;-).


von Regina Fenk 08 Jan., 2019
Wie ist der Idealzustand zu erreichen - motivierte begabte Kinder?
von Regina Fenk 26 Nov., 2018
Spätestens dann, wenn der IQ_Test augewertet ist, stellt sich die Frage: Wie sage ich es meinem Kind?
von Regina Fenk 27 Okt., 2018
Passend zum Blogbeitrag über die vielbegabten "Scannerpersönlichkeiten" ( http://www.psychologie-fenk.at/scanner-die-menschen-die-sich-fuer-alles-interessieren ) hier der Bericht einer hochbegabten Frau, wie sich das bedürfnis nach "Neuem", nach geistiger Herausforderung in ihrem Berufsleben zeigt:

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